Tag 68 Reisebericht Kanada/Alaska Tag 70
Tag 69 Wetter: Sonne Bayshore -
Wanderung auf dem West Slim Trail
gefahren gewandert
5,2 km 22,5 km

Die Gerüchte um den Kluane Lake scheinen zu stimmen, denn ist es auch heute schönes Wetter. Also packen wir unser Zeugs zusammen und fahren zur Ranger Station am Anfang des Trails. Zur Sicherheit muß sich jeder Wanderer hier melden, bevor es losgeht. Die Ranger können den Trail sperren, wenn das Wetter zu gefährlich ist oder ein bösartiger Grizzly gesichtet wurde. Aber auch für die eigene Sicherheit während der Wanderung erfolgt die Eintragung in die Liste. Denn falls unterwegs etwas passiert und man nicht am angegebenen Datum zurück ist, wird ein Suchtrupp losgeschickt.
Dann geht es ans Umpacken der benötigten Gegenstände für den Hike. Das dauert eine ganze Weile und wir merken schon jetzt, daß unsere Rucksäcke gerade so ausreichen werden. Maren und Gero haben dagegen richtige Rucksäcke mit Gestell auf ihren Fahrrädern untergebracht und sind bestens gerüstet. Unter den Rucksack wird zusätzlich der hier ausgeliehene bärensichere Container geschnallt, in dem alles Essbare untergebracht werden muß. Dieser schützt aber lediglich das Essen vor dem Bären, oder besser den Bären vor dem Essen. Denn hat ein Bär einmal erfolgreich Nahrung über einen Menschen bekommen, so wird er es wieder versuchen und so den Menschen mit Nahrung assoziieren.
Die bikes und die nicht benötigte Ausrüstung können an der Ranger Station im Schuppen verstaut werden. Unserem Vierer-Team schließt sich dann noch der Canadier Jim an, denn alleine sollte die Route nicht begangen werden.

Die Rangerin bestätigt uns nochmal das, was erst vor ein paar Tagen in der Zeitung stand. Vor einer Woche ist auf diesem Trail eine deutsche Frau ums Leben gekommen. Sie möchte am liebsten nichts mehr über die grausige Geschichte erzählen und alles so schnell wie möglich vergessen, aber dann überwindet sie sich doch.
Ein Pärchen wanderte auf dem Trail, als ihnen ein junger Grizzly begegnete. Neugierig wie diese sind, kommt er näher und wird aufdringlich. Obwohl sich das Paar laut Bericht richtig verhält, greift der Bär an. Der Mann versucht daraufhin, ihn mit einem Stock zu vertreiben, womit er wohl eher das Gegenteil erreicht. Da der Bär nicht von der Frau lockerlässt, versucht ihr Mann schnell Hilfe herbei zu holen. Als die Ranger eintreffen, finden sie nur die inzwischen vom Grizzly verscharrte Leiche der Frau. Der Grizzly wurde gefunden und sofort eingeschläfert.
Jetzt wird uns klar, warum die soeben gehörte Einweisung um richtiges Verhalten bei Bärenbegegnungen so energisch und mit Nachdruck ablief.


Eisig kalte Flußüberquerung
Auf dem West Slim Trail

Der Rucksack ist zusammen mit der Bärenkiste ganz schön schwer. Aber es sind ja heute "nur" etwa 22,5 km einfacher Weg bis zum angepeilten Ziel. Dieser erweist sich als ziemlich tückisch. Zuerst eine Flußüberquerung durch einen etwa 10 m breiten, schnell fließenden Fluß. Mit dicken Holzstöcken gegen die Strömung gelehnt geht es im Gänsemarsch zur anderen Seite, sonst würde einem das Wasser die Füße wegreißen. Es ist teuflisch kaltes Wasser und so schmerzen die Füße schon auf der Hälfte des Flusses und wir versuchen die restlichen Meter so schnell wie möglich zu überwinden. Nachdem die Beine wieder zu spüren sind, führt der Weg anschließend durch Sumpfgelände, danach wieder Steppe, Graslandschaft und natürlich darf eine kleine Kletterübung auch nicht fehlen.
Um dem Trip den richtigen Touch zu geben, sind außerdem öfter tiefe Abdrücke von Bärenfüßen im jetzt festen Schlamm zu sehen. Alleine in diesem Tal leben über 50(!) Grizzlys. Daher machen wir alle so viel Krach wie möglich, und wenn dabei die Vögel aus den Nestern fallen. Diverse Bärenglöckchen am Schuh und mit Steinchen gefüllte Getränkedosen geben einen guten Geräuschteppich, der noch durch laute Gespräche erhöht wird.
Der Trail ist nach 15 km in eine Route übergegangen, also verschwunden, und es geht querfeldein durch die Landschaft. Erst am Flußufer entlang, dann weiter hinten im Tal etwas den Berg hinauf. Obwohl der Großteil der Wanderung unten durchs Tal führt, ist es sehr anstrengend. Zudem nerven in den sumpfigen Gebieten die Blackflies und beißen sich am Nacken und um die Augen herum fest.

Das Wetter in diesem Gebiet scheint etwas besonderes zu sein, denn ständig scheint die Sonne und es sind kaum Wolken am Himmel zu sehen.
Am späten Nachmittag trudeln wir schließlich auf dem primitiven Backcountry Campground ein. Nach alltäglichem Zeltaufbau gibt es abends die eingeteilte Ration für diesen Tag. Kaum im Zelt schlafen wir auch ziemlich erschöpft ein.


Mulmiges Gefühl im Magen

 

Tag 68 Übersicht Statistik Tag 70

 

© 2000-2004 M.C. Hoeschen & R.J. Stephan
Alle Rechte vorbehalten