Reisebericht Rumänien
In 4 Wochen 1530 km allein durch Rumänien

Teil 14 Teil 16

"Eine innere Wandlung"

Dennoch ist meine Stimmung etwas gedrückt. Etwa eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit komme ich an einer Viehweide vorbei. Ein Mann treibt gerade die Kühe auf die Straße. Als ich näher hinsehe, erkenne ich, dass sein linkes Bein ein Holzbein ist mit einem "Holzklotz" als Endstück. Ich sehe aber auch genau das Gesicht, das Zufriedenheit und völligen Einklang mit seiner Arbeit ausdrückt. Urplötzlich verlässt mich alle Kraft in den Armen und Beinen und ich habe große Mühe das Fahrrad im Gleichgewicht zu halten.
Mich durchzuckt es am ganzen Körper und auf einmal kann ich nur den Kopf schütteln über meine negativen Gedanken, nur weil es heute geregnet hat und ich nass wurde. Wie lächerlich das ist, denke ich nach dieser Begegnung und innerhalb von Sekunden bin ich dankbar dafür, dass ich diese Reise machen kann und dass mir nichts passiert ist.

Als ich kurz danach das nächste Dorf erreiche, hat sich meine Stimmung verändert und zum Positiven gewandelt und ich weiß, dass ich auch heute Nacht wieder einen Schlafplatz finden werde. Innerhalb kürzester Zeit habe ich über die Dankbarkeit zum Vertrauen gefunden. Es ist unglaublich, wie eine Beobachtung große Dinge auslösen kann. Plötzlich habe ich ein solches Vertrauen, immer einen Platz für die Nacht zu finden, dass es mir schon fast unheimlich ist. Es ist ein Unterschied, ob ich etwas glaube oder ob ich weiß, dass etwas geschieht. Und diesen Punkt, dass ich es weiß, habe ich erreicht und dafür kann ich wiederum sehr dankbar sein.
Nur wenige Minuten später frage ich eine Frau am Straßenrand. Sie spricht zufällig Deutsch und dank ihrer Vermittlung kann ich in einem Bauernhaus im Wohnzimmer des Hauses übernachten.

Der Kohleofen im Bad wird extra für mich in Betrieb gesetzt, so dass ich sogar heißes Wasser zum Waschen habe. Anschließend gibt es Mamaliga (Mamaliguta), ein fester goldgelber Maisbrei mit Branza (Schafskäse) - eine typische Hirten- und Bauernmahlzeit. Dazu ein Bier und selbstgebrannten Birnenschnaps. Der besseren Verständigung wegen hat man die Dorflehrerin gleich mit eingeladen. Sie spricht gut Deutsch und Französisch. So wird wieder ein Abend unvergesslich bleiben.


Rad-Impression
Frau mit Kürbis

 

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 Autor: Hans Jürgen Stang
Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von Hans Jürgen Stang für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

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